Stadtnatur gibt Bunker neues Leben

Vor wenigen Wochen war ich in Hamburg unterwegs. Ich war verabredet mit jenem Professor, der als einer Pioniere des Themas Stadtgesundheit gelten kann: Professor Rainer Fehr, Mediziner, Professor für Gesundheitswissenschaften und heutiger Seniormitarbeiter der Universität Bielefeld. „Als Arzt sehen Sie die Patienten oftmals viel zu spät“, hatte er mir in einem Telefonat gesagt. In der Tat. Die Medizin kommt bei vielen Krankheiten zu spät. Schließlich sind deren Ursachen meist nicht auf einen einzigen Auslöser zurückzurufen, sondern vielfach auf Wechselwirkungen zwischen genetischer Disposition und bevorzugten Lebensstil, zwischen Bedingungen der natürlichen und sozialen Umwelt und den persönlichen und sozialen Ressourcen. Professor Fehr und ich haben uns nahe der Landungsbrücken getroffen und ich durfte Einblick haben in das, was sein Leben prägte: Freude an der Natur von der Kindheit an, dazu viel Interesse und Neugier immer wieder neue Fragen zu Gesundheit und Krankheit zu stellen und schließlich gab es auch einige gute Chancen und Begegnungen, so dass Professor Fehr immer wieder zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war,  etwas anstoßen konnte und ein Projekt umsetzen konnte. Das Porträt wird im August in der Ärzte Zeitung erscheinen. Ich freue mich drauf.

Bei meinem Besuch in Hamburg hatte ich noch ein zweites Ziel. Schließlich hat die Hansestadt 2024 einen ganz besonderen Park eröffnet – nämlich auf dem Dach des früheren Flakbunkers in St. Pauli. Natürlich habe ich mir diesen Ort bei meinem Stadtbesuch noch angesehen. Der Weg zu diesem kostenlos zugänglichen Stadtgarten führt über einen „Bergpfad“ – gemeint sind Treppen, die rund um das Gebäude verlaufen, Wind und Wetter ausgesetzt. Oben dann gibt es eine kleine feine Rasenfläche, ein begrüntes Dach mit rund 23.000 Pflanzen und – bei Sonnenschein und blauem Himmel – mit einen fantastischen Ausblick. Der Bundesverband GebäudeGrün e.V. (BuGG) den denkmalgeschützten und jetzt begrünten Betonkoloss sogar als „BuGG-Gründach des Jahres 2024“ ausgezeichnet und es damit als „Leuchtturmprojekt für Stadtnatur im Zentrum einer Metropole“ tituliert. Der Umbau des Bunker wurde nach Angaben der BuGG privat vom Bauherrn Matzen Immobilien finanziert.

Ja, der Bunker ist eindrücklich – trotz des Regens und des stürmischen Windes bei meinem Besuch.  Stadtnatur kann jedoch sehr viel mehr, als historische Gebäude aufhübschen und ihnen einen neue Nutzung geben. Wirklich begeistert hat mich jüngst der Artikel „Frau am Bau“, geschrieben von der Journalistin Laura Weißmüller, veröffentlicht in der Wochenende-Ausgaben der Süddeutschen Zeitung am 5./6.Juli 2025. Anlass ist „Women in Architecture“ (WIA)-Festival im Juni in Berlin. Die Autorin zeigt auf, wie stark die Architektur und Stadtplanung bislang auf männliche Bedürfnisse zugeschnitten war und ist – und dass, obwohl mehr Frauen als Männer Architektur studieren. Heute arbeiten wir uns als Gesellschaft mit den Folgen ab: Die „autogerechte Stadt“ hat in den 1960er/1970er Jahren gewachsene innerstädtische Verkehrswege zerstört und dem motorisiertem Verkehr geopfert. Die Bedürfnisse von Frauen, Kindern, Alten und Kranken waren offensichtlich gar nicht im Blick. Ein toller journalistischer Beitrag, der mich in meiner Neugierde auf die Zukunft bestätigt hat: Ich bin jedenfalls fest überzeugt, dass die Städte in Zukunft anders aussehen werden – mit viel Grün, mit natürlichen Oasen, mit sozialen Räumen, die allen gesellschaftlichen Gruppen guttun und die Gesundheit fördern. Wir müssen klimaresiliente Lebensräume für Menschen, Flora und Fauna schaffen.

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